Was ist Gnade?
Joh 1,16: Von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade.
Luthers Wort Gnade stammt aus dem Gerichtswesen seiner Zeit: Ein Verbrecher kniete mit gesenktem Kopf vor den Stufen des Thrones seines Königs und erwartete das Schwert. Doch stattdessen steht der König von seinem Thron auf, geht die Stufen hinunter, nimmt den Verbrecher an der Hand und zieht ihn hoch, bis er steht. Dann nimmt der König das Kinn des Verbrechers in die Hand und hebt es, bis beide sich in die Augen sehen. Dann heißt das Urteil: Der König hat sich ihm "genahet". Dieses Urteil erging vor den Umständen, also den Leuten, die darum herumstanden. So konnte sich der König später nicht mehr herausreden.
Welchen besseren Begriff könnte es wohl geben für das, was Jesus Christus am Kreuz getan hat? Kein Mensch hat ein Recht auf eine solche Gnade. Aber der König hat absolut jedes Recht, seine Gnade zu schenken. Welcher Begriff würde wohl Gottes Vaterwillen besser bezeichnen?
Kein Begriff könnte das, was Paulus in Phil 2,5-11 ausformuliert, besser bezeichnen, als der Begriff Gnade – das Verlassen des Thrones und das Herabkommen, das Ergreifen und Aufrichten des Sünders, die Verkehrung des zu erwartenden Urteils in sein Gegenteil.
"Aus seiner Fülle haben wir alle bekommen: Gnade und noch mehr Gnade."
Johannes formuliert sehr bemerkenswert: "Wir haben bekommen ..." Im Griechischen zielt diese Wendung auf das Hier und Jetzt: Dieses vergangene Schenken Gottes bewirkt, dass wir in unserem Leben ein für allemal den Stand von Begnadigten haben. "Gnade und noch mehr Gnade, eigentlich Gnade anstelle von Gnade": Wenn wir sündigen, dann tritt an die Stelle der Gnade nicht wieder der Zorn, sondern noch viel mehr und jedesmal wieder neu die Gnade. Wir haben die Gnade nämlich "aus seiner Fülle bekommen". Das heißt, die Menge seiner Gnade ist: alle Vollkommenheit und immer wieder alle Vollkommenheit! Hast Du dieses Geschenk schon aus Gottes Hand genommen? Wenn nicht: Greife ruhig unverschämt zu, der Vorrat reicht!
Gebet:
Lieber Herr Jesus Christus! Ehre und Dank gehören alleine Dir, denn Du bist aus Deiner Herrlichkeit in meinen Tod gegangen. Am Kreuz nimmst Du meine Sünde und schenkst mir Deine Gnade. Aus Deinem leeren Grab nimmst Du mich mit in Dein ewiges Leben. Bitte mach aus mir ein Lob und ein lebendiges Zeugnis Deiner großen Gnade!
Jens Döhling