11.09.2022

Vergeltung

1Sam 24,20: Saul sprach zu David: Wo ist jemand, der seinen Feind findet und lässt ihn im Guten seinen Weg gehen? Der Herr vergelte dir Gutes für das, was du heute an mir getan hast!

Röm 12,17: Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann.

Ob das Absicht ist? Vergeltung ist ja das große Thema des 11. Septembers. Aus Vergeltung legt man ohne Sinn und Verstand zwei Länder in Schutt und Asche und überlässt sie anschließend dem Chaos. Aus Vergeltung sind ganze Familien, teilweise ganze Landstriche im Blutbad versunken, bis niemand mehr übrig war, um die Blutrache fortzusetzen. Der Weg der Vergeltung führt immer steil nach unten.

Auch wenn man Vergeltung nicht ganz so drastisch durchzieht, ist an ihrem Ende doch nur Zerstörung einzusammeln: Zerstörte Beziehungen, zerstörte Seelen (diese nicht selten auch durch den unerfüllten Wunsch nach Vergeltung), bei Scheidungen z. B. oft auch zerstörte Existenzen. Der Weg der Vergeltung führt immer steil nach unten.

Der Weg der Vergeltung Gottes hat seinen Sohn steil nach unten geführt. Hier vergilt er seinem Sohn, was wir ihm schulden, und seither „vergilt er uns nicht nach unserer Missetat“. Hier schafft Gott eine Gegen-Vergeltung. Durch diese Vergeltung Gottes an seinem Sohn sind wir versöhnte Feinde, und dieser Weg geht nach oben.

Auf die bezieht sich Petrus, wenn er schreibt: „Vergeltet nicht ..., sondern segnet vielmehr, weil ihr dazu berufen seid, den Segen zu ererben!“. Aber wie kann man das?

Der Schlüssel ist wohl wiedermal, alles von Gott abhängig zu machen, wie es uns bei David oft begegnet. Das wiederum bedeutet für mich, was frühere Tabor-Generationen sagten: „Bruder, du musst Sterben lernen“.

Joab hat sich wahrscheinlich die Haare gerauft und zu David gesagt: Du stehst mit einem Cocktail-Shaker in der Hand herum und wartest auf ein Erdbeben. Jetzt mach! David weiß, in welche Beziehung er berufen ist, und in welche Beziehung Saul gestellt ist. Deshalb weiß er wohl auch, dass er Gott das Heft des Handelns nicht aus der Hand nehmen darf.

Vergeltung ist ein Reflex, der aus der grundsätzlichen Annahme kommt, ich hätte mich um meine Angelegenheiten ganz alleine zu kümmern. Deshalb ist sie wohl für Menschen normal, die niemanden haben, der sich um ihre Angelegenheiten kümmert. Aber warum ist das für mich auch ein normaler Reflex, obwohl ich einem Herrn gehöre, der sagt: Lass uns tauschen! Du kümmerst dich um meine Angelegenheiten, und ich mich um deine. Ich muss also nicht nur Sterben lernen, ich muss auch dringend jemanden haben, der in meinem Leben die Reflexe in seinen Tod und in seinen Sieg gefangen nimmt.

„Jesu, meines Lebens Leben; Jesu, meines Todes Tod, der du dich für mich gegeben in die tiefste Seelennot, in das äußerste verderben, nur dass ich nicht müßte sterben! Tausend-, tausendmal sei dir, liebster Jesus, Dank dafür!

Du hast wollen sein geschlagen, zu befreien mich von Pein, fälschlich lassen dich anklagen, dass ich möchte sicher sein. Dass ich möchte trostreich prangen, hast du ohne Trost gehangen. Tausend-, tausendmal sei dir, liebster Jesus, Dank dafür!

Deine Demut hat gebüßet meinen Stolz und Übermut, dein Tod meinen Tod versüßet, es kommt alles mir zugut. Dein Verspotten, dein Verspeien muß zum Segen mir gedeihen. Tausend-, tausendmal sei dir, liebster Jesus, Dank dafür!“ (E.Chr.Homburg)

Jens Döhling