07.05.2023


Spr 25,21-22: Hungert deinen Feind, so speise ihn mit Brot! Dürstet ihn, so tränke ihn mit Wasser! So wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt häufen, und der Herr wird dir’s vergelten.


Lk 6,35: Liebt eure Feinde, tut Gutes und leiht, ohne etwas dafür zu erhoffen! So wird euer Lohn groß sein, und ihr werdet Kinder des Höchsten heißen, denn er ist gütig gegen die Undankbaren und Bösen.


Diese Anordnungen aus dem Wort Gottes gehen völlig gegen mich. Ich sehe, was vor Augen ist. D. h., ich sehe meinen Feind leiden, und es geschieht ihm recht. Was ich dagegen nicht sehe, ist Gottes Lohn. Hier muß ich wohl das Urteil des erhöhten Herrn über Laodizäa auch über mich gelten lassen: „Ich rate dir, daß du Augensalbe von mir kaufst.“


Jesus erwartet von mir, daß ich meine Urteile weglege und ihn bitte, mich mit seinen Augen zu leiten. Dieses Leiten würde dann auf ihn selbst hingehen. Ich muß mich von ihm lehren lassen, mich selbst in seinem Licht zu sehen. Als ich Hunger und Durst hatte, bei denen es wirklich um Leben und Tod ging, war ich ein Feind Gottes. Da ist Jesus mir zu Brot und Wasser des Lebens geworden. Am Kreuz von Golgatha häuft er feurige Kohlen auf mein Haupt, und dann nimmt er sie wieder runter und legt sie auf sein eigenes. Wo wär ich, wenn Jesus sich „normal“ verhalten hätte?


Danach muß er mir eine Brille aufsetzen, die er selbst für mich schleifen muß, um die Paulus ihn für die Epheser bittet: „Erleuchtete Augen des Herzen, damit ihr erkennen könnt ...“ Es geht um den Reichtum des himmlischen Segens, der uns durch Jesus jetzt schon gehört. Es geht um unsere Sparverträge mit der Himmelsbank. Und um den Guthaben-Zins aufzuschreiben, der hier gilt, hat z.B. Frau Lagarde gar nicht genug Nullen auf ihrer Tastatur; wir reden hier nämlich über 10.000%.

 
Für mein geistliches Leben gilt meistens: Der Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach. Es befriedigt mich, wenn mein Feind hungert. Dann geschieht halt Recht vor Gnade. Soll ich jetzt mit meinem Verhalten auf eine Einsicht hinwirken, die vielleicht erst morgen kommt? Vielleicht aber auch nie, und dann soll ich warten, bis ich bei Jesus bin? Jesus hat mir Anteil an seinem Priesteramt gegeben. Und dazu gehört, daß ich in seinem Namen Schulden-Berater sein darf, aber nicht Gerichtsvollzieher.


Und was, wenn es um Schulden geht, die der andere bei mir hat? Am Kreuz hat Jesus das gegründet, was man heute eine „bad bank“ nennt. Er macht ein Übernahme-Angebot für alle giftigen Papiere. Vergeben heißt nicht, daß die Schulden weg sind, sondern daß sie einem anderen gehören. Und was der damit macht, ist dann seine Sache.


Was ist dann aber meine Sache? Vielleicht kann ich hier einmal mehr von David lernen. Er hat sich Gott zugewandt, und da kam immer alles auf den Tisch. Und Gott kann damit sehr gut umgehen. Dann wird meine Ohnmacht mir vielleicht sogar zur Hilfe, mich Gott anzuvertrauen, der sagt: „Ich will dich mit meinen Augen leiten.“. Das müßte dann doch heißen, daß ich sehe, was ich sehen soll, und nicht sehe, was mir und anderen zum Schaden wäre. Kann ich so lernen, Schuld und Not zu sehen, aber die Schuld nicht vor die Not zu stellen – genau wie Jesus das bei mir macht?

Jens Döhling