November 2023
Gottes Größe – Bedrohung oder Bergung?
Hiob 9,8-9: Er allein breitet den Himmel aus und geht auf den Wogen des Meeres. Er macht den Großen Wagen am Himmel und den Orion und das Siebengestirn und die Sterne des Südens.
Hiob wird nicht nur von seinem eigenen Leid erschlagen, seine Freunde knüppeln ihn auch noch mit der Größe Gottes nieder. Dabei sucht er selbst schon verzweifelt einen Weg, mit dieser Größe Gottes klarzukommen. Sie ist ihm eine unausweichliche Bedrohung. Einige Kapitel später sagt er sogar: Nicht einmal der Tod wäre mir eine Hilfe, weil mich auch im Totenreich Gottes Größe noch erschlagen würde. Was bedeutet es für die Seelsorge, wenn man sich vorkommt, als würde Gott mit einem Katz und Maus spielen?
Hiobs Aussagen über Gottes Größe sind alle richtig, und doch ist offenbar keine davon hilfreich. Auch die Aussagen der Freunde über die Schuld jedes Menschen vor Gott sind wohl nicht falsch, in ihrer Art aber doch tödlich. Der Rat der Freunde ist dann: Du musst dich unterwerfen, vielleicht wird Gott gnädig sein! Hiob antwortet: Ich bin ihm schon unterworfen. Was soll ich denn noch tun?
Wie anders erinnert sich doch der verlorene Sohn an die Größe und den Reichtum seines Vaters! Diese Größe und diesen Reichtum nimmt er zum Anlass, auch mit all seiner Schuld zu diesem Vater zu kommen. Ist der tragende Grundton darin vielleicht die Erinnerung an das Herz des Vaters? Ist die mangelnde Kenntnis dieses Vaterherzens vielleicht das, weshalb Hiob am Schluss sagt: „Bisher kannte ich dich nur vom Hörensagen?“
Psalm 139 dreht den alten Sinnspruch „Angriff ist die beste Verteidigung“ um: Wenn ich vor deiner Größe sowieso nicht fliehen kann, Gott, dann kann ich ebensogut gleich zu deiner Größe hinlaufen. Erst nachdem David bei Gottes Größe angekommen ist, fordert er Gott zur Diagnose auf: „Erforsche mich und erkenne mein Herz!“
Hiob hatte noch kein Tele5 und konnte deshalb nicht den ganzen Tag Raumschiff Enterprise gucken. Wenn er Gott als den Schöpfer ferner Himmelskörper beschreibt, geht es ihm wohl weniger um Gottes Größe als solche; es geht vielmehr um Gottes unerreichbare und deshalb unbegreifbare Ferne, die Hiob ebenso bedrohlich empfindet wie die Tiefen des Weltalls. Genau deswegen sagt Jesus zu seinen Jüngern: „Wer mich sieht, der sieht den Vater“.
Achtung, Heilsgeschichte: Wenn Gott sagt: „Bin ich nicht auch ein Gott, der ferne ist?“, dann sagt doch Jesus: „Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende!“